Dieter Hinrichs - Ein paar Worte zur Ausstellung "Mutig-er"
Ein Wort vorweg
Als ich 2018 vom Ostfriesischen Kunstkreis gefragt wurde, ob ich mir eine eigene Ausstellung vorstellen könne, war ich zunächst Feuer und Flamme, dann überkamen mich Zweifel, male ich doch erst seit 2014. Bin ich da schon gut genug?
Zu meiner „Rechtfertigung“ beschloss ich, die Zeichnungen – alle entstanden in den Jahren 1977/78 und unverkäuflich – in die Ausstellung aufzunehmen, belegen sie doch meine frühere Leidenschaft für das Zeichnen und machen deutlich, dass ich schon vor 2014 künstlerisch tätig war und nicht bei Null angefangen bin. Mein erklärter Berufswunsch war damals Gebrauchsgraphik zu studieren.
Es ist alles anders gekommen. Ich endete in einem Klassenzimmer. Die Arbeit als Pädagoge ist entgegen allgemeiner Vorstellungen zeitaufwändig und kräftezehrend. Ich trat in Sachen Kunst nur noch als Sammler (Radierungen, Drucke) und Museumsbesucher hervor. Nachdem ich im Jahr 2013 krankheitsbedingt in den Vorruhestand versetzt wurde, war es nahe liegend, die alte Leidenschaft zu reaktivieren und mich wieder der Kunst zu widmen. Aufgrund meiner Krankheit kann ich nicht mehr Zeichnen und bin auf das Malen ausgewichen und genieße es sehr. „Mut zur Farbe“ – das war deshalb der Titel der Ausstellung.
Der Weg zur Farbe war kein gerader. Ich war fasziniert vom Zeichnen und musste mich vorsichtig tastend der Farbe nähern.
2013/14 fing ich mit Blumenstillleben, Landschaften an, also gegenständlich. Schnell lernte ich: Aquarell liegt mir überhaupt nicht und Ölfarbe ist – abgesehen vom starken Geruch – mir zu schwerfällig. Acryl hingegen kommt mir und meiner Arbeitsweise sehr entgegen. Es lässt sich gut auftragen und trocknet schnell.
Das gegenständliche Malen ist auch nicht meins, engt es mich doch sehr ein bei der Farbgebung. Folgerichtig wandte ich mich dem abstrakten Malen zu, das mir sehr entgegenkommt.
Meine ersten abstrakten Bilder waren von einer ungestümen Farbigkeit. Ich war sozusagen ein in die Jahre gekommener ‚Junger Wilder‘..
Inzwischen bevorzuge ich gedämpftere Farben, die allerdings durch unruhigen Auftrag leben.
Diese nervöse Farbgebung macht die Bilder lebendig. Vielfach schichte ich auch mehrere Farbaufträge und kratze sie ab oder wasche sie ab.
Einige Arbeiten enthalten als Ausgleich große weiße Flächen, weil das Auge überfordert wäre, wäre die ganze Bildfläche so unruhig. Die gleiche Aufgabe hat das Passepartout: es schafft Ruhe, bildet einen Kontrast zu der farbigen Fläche und lenkt zugleich das Auge auf das Wesentliche.
Zwischendurch fertigte ich Collagen, Farbe war da nur sekundär. Im Nachhinein denke ich, das waren Fluchtversuche der Farbe zu entgehen.
Ich fertige immer noch Collagen, aber reine Materialcollagen. Fundstücke von der Straße, vom Schrottplatz, aus der Küche (vom Teebeutel bis zur Haushaltsrolle) füge ich zu einem ästhetischen Ganzen zusammen.
Bezugnehmend auf meine erste Ausstellung („Mut zur Farbe“), die meinen Weg von der Zeichnung zur Farbe zeigte, soll mit dem Titel „Mutig-er“ aufgezeigt werden, dass es auf diesem Weg stetig weiterging. Die Collagen sind sehr viel farbiger. Ich versuche mich auch in Ölfarbe. Zeigte die erste Ausstellung gezeichnete Porträts, so male ich jetzt Porträts in Öl bzw. Acryl.
Die Vernissage konnte nicht stattfinden, daher hier ein kurzes Video als Anregung.
Ihr Dieter Hinrichs